…wir schreiben den 1. September 2020, Corona hat uns noch immer fest im Griff und mittlerweile sind so gut wie alle Laufveratsntaltungen abgesagt. Einzelne kleine Läufe finden statt. Mit wenigen Läufern, mit riesen Hygienekonzept und so gut wie keinen Zuschauern. Ein wenig Alltag und Gewohnheit in diesen merkwürdigen Zeiten.
Aber jeder muss da für sich selbst entscheiden, ob er daran teilnehmen möchte, oder ob man das in Zeiten einer Pandemie eher sein lässt.




Und doch gibt es sie, unsere Rennen, die geliebten, ohne Hygienekonzept, und ohne Zuschauer. Aber mit Anmeldungen und Startunterlagen und Medaillen, die man meistens schon im Vorfeld bekommt, aber das ist ja ganz egal. Erlaufen werden müssen sie trotzdem.
Im Moment schießen sie wie Pilze aus dem Boden. Wo keine Möglichkeit besteht, den Lauf durchzuführen ist eine virtuelle Edition oftmals das Mittel der Wahl.
Und soll ich euch was sagen? Ich liebe sie. Sie sind meine kleinen Highlights in diesem Chaos.
Warum ist eigentlich ganz einfach erklärt. Ich bin Mama eines knapp 2 jährigen kleinen Menschen. Mein Alltag ist meistens geptägt von Kind, Familie, Haushalt und Arbeit.
Da ein strukturiertes Training unterzubringen erfordert Diziplin und eisernen Willen. Ohne ein fixes Ziel ist das für mich einfach furchtbar schwierig. Bis vor ein paar Tagen wusste ich noch nicht, ob mein Wettkampf wirklich stattfinden wird. Einer der wenigen Läufe, die in diesem Jahr wohl stattfinden werden. Mit viel Trail und wenig Asphalt.
Da die Motivation nicht zu verlieren und dranzubleiben ist schwierig. Sehr schwierig. Und da kamen mir die virtuellen Läufe als kleine Motivationshilfe gerade recht. Immer mal wieder stand ein virtueller Lauf an, den ich passend zu meinem Trainingsplan einstreuen konnte. Mega gut einfach. Wenn ein Tempolauf einer der Tagesordnungspunkte war, bin ich ihn einfach doppelt so gern gelaufen, weil ich wusste, das am Ende eine Medaille wartet. Erlaufen und verdient. Ganz allein. Allein und doch zusammen ist das zweite Zauberwort. Der schlimmste Lauf den ich jemals gelaufen bin, war der Berlin-Marathon. Wahrscheinlich würden mich manche dafür am liebsten Ohrfeigen wollen. An einen Startplatz kommt man nur mit Glück, wenn man ausgelost wird nämlich. Durch das Brandenburger Tor laufen war auch wirklich cool. Aber an jeder Ecke stand einer, der einen zu brüllte, wie toll man das doch macht, und das es gar nicht mehr weit ist….my ass…wirklich?
Ich war bei KM 30. Ich wollte in Ruhe leiden und mich meinen Krämpfen hingeben und mich nicht bejubeln lassen, auf Straßen die von Gels und Co. nur so klebten.
Wahrscheinlich war das der Moment, in dem ich die Vorliebe für Trails entdeckt habe.
Einfach kein Mensch da, naja Wenige jedenfalls.
Bei virtuellen Läufen kann man sich ebenfalls wunderbar allein quälen. Und sich durchbeißen, weil man weiß das am Ende die Belohnung wartet.
Und da wären wir auch schon bei dem Fakt, der mir als Mama, mit straffem Tagesprogramm, am meisten gefällt. Die Flexibilität. Viele der virtuellen Läufe wäre ich in der „Realität“ nie gelaufen.
Zu weit weg, aber (und das vor allem) zu wenig Zeit.
Die Teilnahme an einem Lauf braucht ja immer eine gewisse Vor- und Nachbereitung. Sachen packen, hinfahren (ggf. noch übernachten), Startunterlagen abholen, am nächsten Tag zum Start gehen, den Lauf laufen, wieder nach Hause fahren, usw. usw. Ich glaube ich brauche nicht gesondert erwähnen, dass das einfach sehr zeitaufwenig ist und das man immer jemanden braucht, der sich in der Zeit um das Kind kümmert.
Da wird es noch komplizierter, wenn man gemeinsam laufen will, was mein Mann und ich früher ja sehr oft gemacht haben.
Und dann kommen da diese virtuellen Dinger. Morgens aufstehen, Frühstücken, laufen wenn es gerade in den Zeitplan passt, oder sowieso Training eingeplant war. Nach Hause kommen, duschen und zack, weiter gehts im Alltag.
Das wäre anders nicht möglich gewesen.
Und so haben die Einschränkungen während einer Pandemie für mich auch gute Seiten.
Die Motivation bleibt erhalten. Ich hatte die Möglichkeit an unzählig vielen Läufen teilzunehmen und habe problemlos auf mein Ziel hintrainieren können, ohne einen wirklichen Durchhänger zu haben.
Und doch wird es wieder Zeit für richtige Läufe. Zeit für das Gefühl, wenn man mit Startnummer mit vielen anderen an der Startlinie steht und mit ihnen über die Ziellinie rennt. Nicht nur der Normalität wegen, sondern zum Beispiel der Laufveranstalter wegen. Viele kleine Läufe werden dieses Jahr nicht überleben. Weil sie Startgebühren erstatten müssen, weil sie Kosten tragen müssen, weil ihnen Sponsorengelder verloren gehen.
Wir vom Tiergartenlauf haben lange gebangt und gewartet. Gehofft, geplant, und gerechnet um jetzt letzendlich doch auf einen virtuellen Lauf ausweichen zu müssen. Und zu hoffen das alle mitziehen. Weil wir es sonst nicht stemmen könnten.
Ich kann also nur sagen, helft euren Lieblingsläufen diese Pandemie zu überstehen. Lauft mit, wenn es eine virtuelle Edition gibt. Lasst die Startgebühr, Startgebühr sein, wenn es euch möglich ist. Fordert sie nicht zurück, übertragt den Platz auf nächste Jahr. Helft uns dabei zu überleben, damit wir auch im kommenden Jahr gemeinsam laufen können. Nicht mehr virtuell, sondern gemeinsam mit einer richtigen Start- und Ziellinie.







